„... es gibt also keinen Grund Ihn zu töten.“

Lucille war ganz in Ihrem Terrain. Sie war sicher, sie konnte es schaffen, das ich nur mit einer milderen Strafe davonkomme. Und zumindest nicht umgebracht würde. Nicht gleich. Wie milde! Es ist wahrhaftig bitter, das der Tod auf Raten immer noch besser für Lucille aussah, als ein schneller, glatter Tod. Wie sehr mußte Sie an Ihrem Leben hängen, wie wertvoll mußte es doch sein. Für Sie gab es ein Morgen, für Sie gab es etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt, für Sie gab es eine Zukunft... Jedenfalls für den Augenblick.

„Doch, wir haben Grund. Sobald er uns gesagt hat, mit wem er noch geredet hat.“ Die grauen kalten Augen des Anführers durchbohrten Lucille und schienen Sie mit all Ihrer Gefühlskälte zu durchmessen. Die Worte schienen keinen Sinn zu machen, und doch hatte sie sie gehört. Ein Todesurteil. Ein Todesurteil gegen Marv, gegen mich. Aber wenn Sie wissen wollten, mit wem er noch geredet hatte, dann. Dann haben sie doch auch Grund genug, Lucille zu töten? Oder?

„Was?“ Es war kaum ein wispern als die Essenz ihrer rasenden Gedanken ihren Mund verließ. Das konnte doch alles nicht stimmen, es musste doch eine Lösung geben, ein Morgen, etwas worüber man vernünftig reden konnte, der Sache in Recht und Ordnung zu folgen, etwas um die Zukunft zu erhalten, etwas...

Es gabe etwas. Ein Magazin Bleikugeln, abgefeuert durch eine Maschinenpistole in der Hand eines Spezialagenten, einzig allein zu dem Zweck geschickt mich kaltzumachen. Mich und alle mit denen ich geredet haben könnte. Zumindest die, denen man glauben könnte. Eine Bewärungshelferin, der man die rechte Hand abgehackt hatte und vor ihren Augen verspreist, gehört nun eher zu dem Kreis der glaubwürdigen Personen, als der gesuchte Mörder und Schwerverbrecher Marv... Aber wenn Marv Sie auch noch auf dem Gewissen hätte...

Ich hörte das trockene Knarzen der Maschinenpistole und wußte, ich würde zu spät kommen. Eine weiter Frau die unverdientermaßen durch mich zu Tode kam. Unverdientermaßen, weil ich wieder nicht in der Lage war sie zu beschützen. Okay, sie hatte mich niedergeschlagen, aber nur deshalb, weil sie die Situation nicht verstand. Ich hingegen hatte die Situation verstanden, und wußte, es würde keine Gefangenen geben. Nicht auf Roarks Seite.

Und nicht auf meiner.

So leise wie möglich näherte ich mich der Truppe. Ich mußte Sie alle erledigen, und das bevor Sie mich erledigten. Meine Chancen standen nicht gut. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet, mit kugelsicheren Westen und Schutzhelmen ausgestatten, hatten geladene und entsicherte Maschinenpistolen und ich? Ich hatte ein kleines Hackbeil und meine Stiefel. Nicht gerade die Ideale Ausrüstung. Aber noch wußten Sie nicht, das ich nicht bewußtlos dalag und auf mein Schicksal wartete...

Noch 50 Schritte...

„Enschuldigung Herr Komissar, aber das Zielobjekt ...- Er ist nicht da.“

Noch 20 Schritte...

„Es gibt keine Spur von Ihm.“

Noch 5 Schritte...

Ich konnte wie in Zeitlupe sehen, wie sich der Anführer langsam zu seiner Truppe umdrehte doch bevor er erkannte was los war, hatte ich bereits dem ersten Posten die Kehle durchtrennt und benutzte ihn als Schutzschild. So ein gut gepanzerter Soldat mach ein ideales Wurfgeschoss gegen die anderen Truppen, und dazu kommt noch, das er die Kugeln abhält.

Der Tumult der durch meinen Überraschungsangriff ausbrach, gestattete mir einen nach dem anderen zu erledigen. Sie waren so versessen darauf mit Ihren Bleispritzen um sich zu schießen, das sie öfters ihre Kollegen erwischten als mich. Ich braucht nur meine Axt in die noch ungepanzerten Weichteile zu versenken und hatte wieder einen Soldaten getötet.

Es war ein fürchterliches Gemezel. Das Knattern der Maschinenpistolen, das feuchte Geräusch wenn die Axt wieder einen ungeschützten Körper fand und Knochen und Sehen durchtrennte, das Röcheln der Sterbenden...

Es war einfach wunderbar. Ich fühlte mich wie neugeboren. Blut und Tod. Das war mein Leben.

Ich hatte einfach nichts zu verlieren. Ich wußte, ich würde sterben und ich hatte schon alles verloren was ich je liebte.

Der Anführer war weit mehr Profi als seine jämmerliche Truppe, die meinen Hieben nichts entgegenzusetzen hatte.

Er versuchte verzweifelt ein paar Treffer gegen mich zu landen. Dabei nahm er im Gegensatz zu seinen Soldaten keinerlei Rücksicht auf Freund oder Feind, er feuerte einfach in meine Richtung. Es ging wirklich um mehr als nur eine Nutte die umgebracht wurde. Es ging um alles oder nichts, sonst hätten sich die Typen hinter diesem Spiel nicht einen solchen Profi geleistet.

Jede Waffe hat Vorteile. Jede Waffe hat Nachteile. Ich habe nicht so lange überlebt, weil ich sie nicht kannte. Auf engem Raum sind alle Schusswaffen schlecht, weil man nicht zielen kann und nur sich selbst verletzt. Deshalb stand ich in einem See aus dem Blut meiner Gegner.

Der andere Vorteil einer Axt wurde soeben dem Anführer des Trupps klar, dem einzigen weiteren noch-Überlebenden.

Eine Axt muss man nicht nachladen.

So standen wir da, uns gegenüberstehend, Auge in Auge, das langsamer werdenede „Klick“, „Klick“ des Schlagbolzens seiner Maschinenpistole auf die leere Patronenkammer, fast eine Ewigkeit lang. Die Erkenntnis das seine Waffe, einstmals so stark, so überlegen, so effektiv, nichts mehr als ein schweres, heißes Stück Bleck geworden ist, wohingegen der kalte Stahl in meiner Hand nicht stumpf geworden ist, kam langsam wie ein herannahender Brecher auf Ihn zu, nur um Ihr gleichsam zu überrollen.

„Das da...“ Das whispern meiner Stimme schien eine Wirkung wie Peitschenhiebe auf Ihn zu haben. Er zuckte förmlich unter meinen Worten zusammen.

„... das ist ein verflucht guter Mantel den Du da trägst.“

„hahahahaha....“ Mein atemloses Lachen ist das letzte was er hört... Und dabei habe ich noch nicht einmal den Mantel kaputt gemacht...

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