Nachbarn sind ja sowas von...

Vor geraumer Zeit bin ich umgezogen. Vom Land in die Stadt. Das Land ist mir gewaltig auf den Senkel gegangen, mit seiner guten Luft, der Ruhe und vor allem den Nachbarn die immerzu mit einem Reden wollten und überhaupt war da ein gewisser Kontakt der mich so nervös gemacht hat, das ich lieber erst mal an meiner Wohnung zwei bis dreimal vorbeigefahren bin um sicher zu sein, dass meine Nachbarn mich nicht abfangen und mit die neuesten Entwicklungen erzählen. Oder mich darauf aufmerksam machen, dass ich meine Büsche schneiden müsste. Oder mal wieder auf der Straße kehren. Oder das der Rasen ja sehr schön so wild wäre, aber ein bisschen kürzer wäres es doch sicher noch besser.

Naja, also Stadt. größere Stadt. Keine Millionenstadt. Und dann, ja dann will man ja nicht in der Gosse landen, also darf es ruhig eine gute Wohngegend sein. Hier sind die Leute sicherlich Wohlerzogen und höflich und so, und vor allem ignorieren sie die Nachbarn...

Der Umzug lief ungefährt wie geplant. Trotz das wir den ganzen Tag Möbel reingetragen haben, sind die Nachbarn nicht über ein "Hallo!" und "Sie sind der Neue, ja?" hinausgekommen. Bingo! Einfach mal die Fresse halten, ist ja schon eine Tugend.

Entspannt in der Wohnung eingezogen und abends nach der Arbeit erst mal schön die Füße hochgelegt. Ein bisschen Netflix angeworfen. Doch kaum 60 Sekunden in dieser Serie schon frage ich mich, was dieses Kindergekreise denn zu bedeueten hat. Passt irgendwie nicht zu Szene und es reagiert auch keine. Kaum zu glauben, aber die Nachbarn waren es. Wohlgemerkt, die Wohnung auf der Anderen Seite meines Wohnzimmers, da ist Flur, Küche und gefühlte 80cm Wand dazwischen. Ich denke mir nix bei, weil kann ja immer mal sein, dass so ein Balg seinen Bundstift nicht findet und den Eltern das Klebeband ausgegangen ist, das kommt sicher nicht häuft vor... Habe ich gedacht. War aber nicht so. Nicht nur, dass die Bälger (jaja, es sind mehrere), sich jeden Tag im Wettplärren üben, nein, diese Eltern, meine wunderbaren Nachbarn, finden das auch noch toll. Letzten hat diese Rabenmutter doch tatsächlich ihrem vor der Wohnungstür plärrenden Kind nicht gesagt, es könnte ja mal die Klappe halten, weil es sonst die Nacht im Keller verbringt, nein, sie hat dieses Plärrbalg auch noch montiviert wie toll es kreischen kann. Nicht das mein Tinitus dank Metallica und Motorhead sowieso schon für ein permanentes quietschen in meinem Leben sorgt, dieses Kind hat die perfekte Harmonie dazu. Das geht durch Mark und Bein.

Und wie der geneigte Leser weiss, wer schon Kinder oder Haustiere hatte, kann früher oder später gut unterscheiden wann ein Kinderruf "ich habe Hunger", "ich will Aufmerksamkeit" oder "112 rufen sofort!" bedeutet. Das was die Gören jedenfalls den ganzen Tag von sich geben ist eher sowas wie "Aufmerksamkeit und wenn es von der Polizei wegen Lärmbelästigung ist!!!".

Man kann sich schon drauf freuen, was aus diesem Pack mal wird wenn es groß ist. Modelcitizen sicher nicht, auch wenn bis dahin wahrscheinlich den ganzen rücksichtslosen Egomanen die Welt gehört. Ich meine, die Kreischgören sind ja noch klein, da habe ich noch die unberechtigte Hoffnung, dass die Eltern irgendwann zu traditioneller Erziehung zurückfinden (die Eltern der Nachbarn sehen schwer nach spätmigration aus, da kann man nur hoffen das die ein paar ordentlich konservative Werte zur Kindererziehung mitgebracht haben, und sich nicht von diesem verweichlichten deutschlinkem Pack von wegen gewaltfreier Erziehung haben anstecken lassen). Aber wenn einem 13 jährige im Hausflur entgegenkommen die einen blöd anschauen und erwarten dass der ältere sie grüßt, dann ist wirklich sodom und gomorrha gekommen. Ich meine, ich bin ja auf dem Land großgeworden. Wenn da nicht ruckzuck ein "Guten Morgen" draussen war, wenn am Horizont ein Erwachsener aufgetaucht ist, dann hat es direkt eine geknallt und Nachtisch war auch Essig. Das frische Landleben, da weiss die Jugend sich noch zu benehmen. Und wenn man dann trotzdem, nachdem man mit den Kumpels heimlich die letzten Eierlikörreste aus der Flasche gelutscht hat, die man Oma geklaut hat, die Nachbarin nicht sieht und sie in dem grünen Kleid aus der Nato-Tarnabteilung für irgendeinen dieser ausladeneden Büsche gehalten hat, dann hat man die Geschichte spätestens abends, sicher aber den Rest des Monats tagtäglich aufs Brot geschmiert bekommen.

Und Nachtisch und Tatort war Essig.

Tja, und meine Nachbarn? Tja, ich fahre jetzt erst mal zwei- dreimal durch die Straße, bis alle Rolläden unten sind, und dann gehe ich vorsichtig über die andere Straßenseite bis ich sicher bin, dass ich schnell durchs Treppenhaus in meine Wohnung huschen kann. Das Licht bleibt aus, damit mich keiner sieht und ich mit keinem Quatschen muss. Und manchmal Frage ich mich, ob das Landleben nicht doch vorteile hat. Und dann, ja dann stecke ich meinen Nachbarn meine Werbung in den Briefkasten, rupfe ein paar Strafzettel für Falschparker von den Autos und schraube die Glühbirne im 2. Stock raus, wo die Rotzbengel wohnen, natürlich nachdem ich ein bisschen gutes WD40 auf die Treppe geräufelt habe und denke mir 'auf dem Land wäre sowas nicht passiert...'

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